Die Physik um 1877

Prof. Jolly an der Uni München rät Planck ab, sich mit Theoretischer Physik zu befassen. Er sagte, laut Planck: „Die Theoretische Physik nähert sich der Vollendung, die etwa die Geometrie seit Jahrhunderten erreicht hat. Wohl gäbe es vielleicht in einem oder dem anderen Winkel noch ein Stäubchen oder ein Bläschen zu prüfen und einzuordnen“, aber das System als Ganzes stehe ziemlich gesichert da.

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»Ich hege nicht den Wunsch, Neuland zu entdecken, sondern lediglich, die bereits bestehenden Fundamente der physikalischen Wissenschaft zu verstehen, vielleicht auch noch zu vertiefen«

Die Physik um 1877

Die Physik bestand - als Planck mit seiner Forschung begann - aus drei Teilgebieten: Elektrodynamik, Thermodynamik und Mechanik, wobei letztere „über allen thronte“, nicht zuletzte durch die Autorität Isaac Newtons. 
Zwei „Stäubchen“ (offene Fragen) sind angedeutet, die damals allerdings niemand als schwerwiegendes Problem angesehen hatte. 
Das erwies sich als ein gewaltiger Irrtum: Aus dem Problem der Strahlung bewegter Körper entwickelte sich 1905 Einsteins Relativitätstheorie, und aus dem Problem der Wärmestrahlung 1900 die Plancksche Quantentheorie und bald darauf die Quantenmechanik. Bereits 30 Jahre später hatte die Physik eine vollständige Umwälzung erfahren.

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Quelle: Vortrag von Michael Bonitz im Rahmen der Universitätsgesellschaft Schleswig Holstein.

Modell des Schwarzen Körpers

Wärmestrahlung oder Hohlraumstrahlung

Gustav Kirchhoff  ist vor allem durch seine Untersuchungen zur Elektrizitätslehre und zur Spektralanalyse bekannt geworden.  Darüber hinaus formulierte er das nach ihm benannte Strahlungsgesetz. Es besagt, dass Materie - gleich welcher Art - kontinuierliche Strahlung aussendet, die nur von der Temperatur abhängt. Diese Strahlung nennt man Temperatur-, Wärme- oder Hohlraumstrahlung. Kirchhoff war 1875-1887 Professor für Theoretische Physik an der Berliner Universität. Sein Nachfolger wurde Max Planck.
 

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Gustav Kirchhoff (1824-1887)

1860 formuliert Gustav Kirchhoff das Modell eines Körpers, in dem Licht „eingesperrt“ ist und immer wieder von den Wänden reflektiert wird. Da das Licht dort nicht austreten kann, nannte er das Modell  „Schwarzer Körper“. Blickt man durch eine kleine Öffnung in das Innere, erscheint ein solcher Körper tiefschwarz.
Entscheidend für das Gedankenexperiment ist: 
Das Licht befindet sich im Thermodynamischen Gleichgewicht. Es hat also genug Zeit, eine stabile Energieverteilung über die verschiedenen Wellenlängen (Farben) zu erreichen. Diese Verteilung wollte Planck finden, da bisherige Modelle Abweichungen von den Experimenten zeigten.

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Wiensches Verschiebungsgesetz

Wilhelm Wien findet heraus, dass die Strahlungskurve unabhängig vom Material ist und nur von der Temperatur abhängt. Die Wellenlänge λ_max, bei der die Kurve ihr Maximum besitzt, ist  umgekehrt proportional zur Temperatur T des Körpers (in Kelvin): 

λ_max  T = constant

Dieser Zusammenhang trägt den Namen Wiensches Verschiebungsgesetz.

Dies kann man an den drei Beispiel-Kurven erkennen (PTR-Versuchslabor) und auch in "Dein Versuchslabor" direkt ausprobieren.

 

 

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Wilhelm Wien (1864-1928)

Plancks Entdeckung

Planck-Konstante h

Max Planck führte diese Größe 1899 bei der Ableitung seines Strahlungsgesetzes ein und gab die ZIffern h= 6.885 an, die bereits erstaunlich nah am heutigen Wert sind. h wird auch das Wirkungsquantum genannt. Es ist eine zentrale Größe in der gesamten Quantentheorie und taucht u.a. in der Schrödingergleichung auf.

Darüber hinaus bildet es die Grundlage des neuen internationalen Einheitensystems und wurde 2019 auf den folgenden Wert festgelegt:

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Das PTR-Versuchslabor

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Versuchslabor an der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt Berlin (PTR) um 1900

Während die Theoretiker versuchen, das Strahlungsgesetz zu finden, das die Messwerte in allen Wellenlängenbereichen wiedergibt, besteht die Herausforderung der Experimentalphysiker darin, einen möglichst idealen Schwarzen Körper herzustellen und dessen Spektrum (d.h. die Verteilung der Wellenlängen des emittierten Lichts) genau zu vermessen. 

Das PTR-Versuchslabor

Die Wissenschaftler

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Ernst Pringsheim

Wie Lummer proviert auch Pringsheim bei Helmholtz an der Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin. Er beschäftigt sich mit der Messung von Wellenlängen im infraroten Bereich des Sonnenspektrums und arbeitet ab 1896 mit Lummer an der PTR.

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Heinrich Rubens

Er wird 1896 als Ordinarius an die Technische Hochschule Berlin berufen. 
Da seine Forschungsmöglichkeiten dort sehr begrenzt sind, ist er als offizieller Gast an der PTR tätig. Zusammen mit Kurlbaum führt er außerordentlich präzise Messungrn zur Schwarzkörperstrahlung durch,  die im Bereich des äußersten Ultrarot gravierende Abweichungen von der Wienschen Strahlungsformel erkennen ließen.

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Ferdinand Kurlbaum

Er ist ein weiterer Helmholtz-Schüler. Seine Dissertattion (1887) befasst sich mit der Präzisionsbestimmung der Wellenlänge von Fraunhoferlinien im Sonnenspektrum. Er ist ab 1891 an der PTR und wird 1904 Professor an der Technischen Hochschule Berlin.

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Otto Richard Lummer

Er promoviert 1884 bei Heimholtz und wird 1887 wissenschaftlicher Mitarbeiter in der gerade gegründeten Physikalisch-Technischen Reichsanstalt. Seine besondere Begabung liegt in der Konstruktion neuer Messapparaturen.

Das PTR-Versuchslabor

Die Messergebnisse

Strahlungsleistung als Funktion der Wellenlänge (in Mikrometern, x-Achse) für eine fixierte Temperatur von T= 1650 Grad Kelvin. Das Bild zeigt drei Kurven, die insgesamt sehr gut übereinstimmen. Abweichungen fanden Lummer und Pringsheim 1899-1900 in neuen Messungen bei großen Wellenlängen, wie im kleinen Bild noch einmal vergrößert gezeigt ist.

Diese Abweichungen waren der Auslöser für Plancks Untersuchungen und führten schließlich zu seiner Entdeckung, dem Planckschen Strahlungsgesetz. Plancks theoretische Kurve deckt sich exakt mit der experimentellen (der mittleren) Kurve.

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Rayleigh-Jeans-Gesetz
Lummer & Pringsheim
Wilhelm Wien
Messkurven im PTR-Labor (Originaldokument)

Plancks Entdeckung

Plancksches Strahlungsgestz

Das Plancksche Strahlungsgetz beschreibt das Spektrum des Schwarzen Körpers, das heißt, die Verteilung der Strahlungsenergie auf die verschiedenen Wellenlängen (Farben) der Strahlung  in Abhängigkeit von der Temperatur des Schwarzen Körpers. Das Gesetz ist für beliebige strahlende Körper gültig. Beispiele sind unten, im Versuchslabor, gezeigt. 

Die Energiedichte rho hängt nur von der Wellenlänge λ und der Temperatur T des Schwarzen Körpers ab.
Naturkonstanten: Lichtgeschwindigkeit c, die Boltzmann-Konstante k und das von Planck eingeführte Wirkungsquantum h.
Strahlungsenergie E=hf=hc/λ und thermische Energie kT sind entscheidend für die Form des Spektrums.

Energiequanten

Plancks Entdeckung der Quantisierung der Strahlung

Nachdem Planck das korrekte Strahlungsgesetz gefunden hatte (aus thermodynamischen Überlegungen, in denen die Clausiussche Entropie eine zentrale Rolle gespielt hatte), stellte er die Ergebnisse im Oktober 1900 den Fachkollegen vor. Die Experimentatoren bestätigten die exzellente Übereinstimmung mit den Messwerten. Es blieb aber die Frage nach  der Begründung und Herleitung des Gesetzes offen. In den folgenden Wochen gelang es Planck, seine Formel streng abzuleiten. Dafür musste er ein Hypothese wagen, die sehr ungewöhnlich war: die Strahlung besteht aus einzelnen diskreten Energie"portionen"  (Quanten). Diese Energie ist proportional zur  Frequenz ab: E=hf, was durch die Pfeile symbolisiert ist. Dieses Ergebnisse präsentierte er am 14. Dezember 1900 der Öffentlichkeit. Dies ist die Geburtsstunde der Quantentheorie.

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Dein Versuchslabor

Lineare Darstellung

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visible spectrum
Ultraviolett
Sichtbar
Infrarot
310
Mensch
Glühlampe
Sonne
Sirius A
Temperatur in Kelvin
Temperaturabhängigkeit des Planckschen Strahlungsspektrums (Lineare Darstellung, Abschnitt 1). Die Grafik zeigt die Intensität der Wärmestrahlung als Funktion der Wellenlänge. Die Temperatur kann über den grünen Regler stufenlos verändert werden. Die Verschiebung des Maximums bei Änderung der Temperatur spiegelt das Wiensche Verschiebungsgesetz wider. Bei Änderung der Temperatur verschiebt sich nicht nur der Wellenlängen-Bereich sondern auch die Höhe der Kurve. Daher werden die Achsen-Skalierungen mehrmals umgeschaltet. Dies ist Abschnitt 1. Zusätzlich wird durch Klicken auf "Plot-Variante ändern" auf Doppelt-Logarithmische Darstellung umgeschaltet.